Laudatio anlässlich der dritten Preisverleihung


Laudatio anlässlich der dritten Preisverleihung des
Margaretha Linnery-Preises an die Frau des Jahres 2007 im Kreis Euskirchen, Sophie Lange, durch den AK Frauen des Kr. Euskirchen am 26. Oktober 2007

gehalten von Gudrun Nositschka

Sehr verehrte Damen und Herren, werte Frauen des AK Frauen, geschätzte Sophie,

es freut mich sehr, die Laudatio anlässlich der Preisverleihung an Dich halten zu dürfen, und das auch noch bei Vollmond!
Dank Deiner Veröffentlichung im Jahrbuch 1993 des Kr. Euskirchen zu 400 Jahre Mädchenbildung in Münstereifel mit dem Titel „Jungfrauen sollen unbehelligt die Meidleyn unterweisen“, die vielbeachtet worden war, und in der Du besonders die Bedeutsamkeit des Wirkens von Margaretha Linnery beschrieben hattest, war es auf der Suche des AK Frauen nach einer würdigen Namensmatrone für den zu schaffenden Preis „Frau des Jahres im Kreis Euskirchen“ nur ein kleiner Schritt, sich dieser Beschreibung zu erinnern, so dass sich alle Vertreterinnen von 16 Frauengruppen rasch auf Margaretha Linnery als Namensmatrone einigen konnten.
(Ohne es zu ahnen, hast Du diesen vollständigen Text kopiert und gebunden als Geschenk für alle mitgebracht. Danke schön.)
Bei der heutigen, dritten Vergabe des Preises, bist Du die erkorene Frau des Jahres 2007 im Kr. Euskirchen.
Ich sehe in Sophie Lange eine unermüdliche Heberin von Schätzen im Kreis Euskirchen, die sie durch ihre Herangehens- und Betrachtungsweise zum Funkeln bringt. Mancher Schatz strahlt dabei weit über die Grenzen der Eifel und des Rheinlands hinaus.
Ihre eigene Freude bei der Schatzsuche wird immer wieder bestätigt, wenn sie sehr systematisch und unermüdlich in diversen Archiven arbeitet, und dabei fündig wird. Wie bei ihren geliebten Gängen im Land zwischen Eifel, Erft und Rhein, – natürlich „mit offenen Augen“, wie sie selber sagt – nachzulesen in der Einladung zum heutigen Festakt –
so hält Sophie Lange ihre Augen auch in den Archiven offen und entdeckte dadurch Überraschendes, dass sie wissbegierig fragend aufgegriffen und weiter erforscht hat.

Manchmal zählt sie auch nur Eins und Eins zusammen – und glauben Sie mir, zählen und rechnen kann Sophie Lange gut, das musste sie gut können, hatte sie doch Bankkauffrau gelernt. Aber viel mehr noch als den Zahlen gehört ihr Herz der Nord-Eifel, der Landschaft, der Geschichte der Menschen, die hier lebten und wirkten, ihren Sagen, Mythen, Bräuchen, seit sie 1962 mit 26 Jahren von Aachen kommend hier Fuß gefasst hat.
Sophie Lange hat nach einer Familienphase mit der täglichen Fürsorge für drei Kinder ihre Liebe zum Schreiben entdeckt, und begann das aufzuschreiben, was sie beobachtet und herausgefunden hatte. Seit 1971 war sie freie Mitarbeiterin der Kölnischen Rundschau im Eifelland, ab 1984 erschienen regelmäßig Beiträge im Jahrbuch des Kr. Euskirchen und seit 1990 auch im Eifel Jahrbuch. Sehe ich mir an, welche Personen damals für die beiden Jahrbücher schrieben, beschleicht mich der Verdacht, dass beide Jahrbücher eine männliche Domäne waren. Ob Frauen nicht so viel zu erzählen wussten? Oder ihnen gar niemand zuhören wollte?
Heute hat Sophie Lange eine eigene Webseite unter www.sophie-lange.de, womit sie ihre Unabhängigkeit bewahrt. Sehr lesenswert und anregend!

Damit Sie aber einen Eindruck erhalten, wie groß die Spannbreite ihrer Themen in den Jahrbüchern war und ist, mit denen sie in die Öffentlichkeit hinein wirkte, stelle ich Ihnen einige Beiträge mit ihren Überschriften vor. Am liebsten würde ich Ihnen alle vorlesen, um Ihnen auch meine Freude zu vermitteln, die ich bei der Vorbereitung empfand, als ich mich wieder in diese Perlen der Eifel vertiefte.
„Perlen der Eifel“ wurden eigentlich Dienstmädchen in städt. Haushalten genannt, auf die Sophie Lange in dem Beitrag von 1991 „Mit allen Arbei-ten fertig sein und morgen alles besser machen“ ein Licht warf und denen sie auch in ihrem Buch „Küche, Kinder, Kirche...“ Aus dem Leben der Frauen in der Eifel – ein Jahr später ein Kapitel widmete.
Für mich wurden die Jahrbücher durch Sophie Langes Beiträge lesenswert, bereichernd, wenn ich las: „Nichts ist ungesünder, als krank zu sein“ (1985), „Im Tanzschritt durch die Jahrhunderte“ (1989), „Wohin mit ‚unnützen“ Witwen und ‚überzähligen’ Töchtern“? (1990), „Die Eifel als literarische Wahlheimat von drei Dichterinnen“ (1994), „Rauchgewohnheiten und Tabakanbau in der Eifel“ (1995); „Grimmig schleudert er den Stein“, zu Orten und Sagen der sog. Teufelssteine (1997), „Mutter Anna und andere Ahninnen“ (1999), „Wo man das Brot ehrt“ – Die „heilige“ Speise im Volksglauben und in Sagen – (1996), und in diesem Jahr „Ärztin mit Leib und Seele“, eine Hommage an die verstorbene Dr. Maria Hamacher.
Es würde mich freuen, Sie damit animiert zu haben, daheim in Ihren bestimmt gesammelten Jahrbüchern den ein oder anderen Beitrag nachzuschlagen.
Doch wirklich bekannt über unseren Kreis, die Eifel und das Rheinland hinaus wurde Sophie Lange durch ihre vertieften Beschäftigungen mit den Matronen seit 1976 und ihren Veröffentlichungen dazu, zuerst in den Jahrbüchern und dann 1994 mit dem Buch „Wo Göttinnen das Land beschützten“ mit dem Untertitel: Matronen und ihre Kultplätze zwischen Eifel und Rhein.
Die Matronen und verwandte Göttinnen waren und sind ihr zentrales Thema geworden, wurden und werden von ihr immer neu beleuchtet, so in der Ausstellung MATRONIS im Jahr 2001 in Zülpich, in einem Kunstprojekt auf historischen Pfaden zusammen mit Birgit O. Erlenbruch; unlängst wieder im Vorwort zur Ausstellung „Meine Königin“ in Nettersheim, sowie in einem Beitrag zum Katalog „SIE und ER“, Frauenmacht und Männerherrschaft im Kulturvergleich, 1997/98 in Köln, oder auch in einer einfühlsamen Feen - Geschichte „Die Nebel von Nettersheim“ für Grundschulkinder und für alle, die das Träumen nicht verlernt haben, aus dem Jahr 2004.
Wie sehr uns auch Sophie Langes Koch- und Backbücher der Alt-Eifeler Küche mit spannenden Ausführungen zum Frauenwirken und Brauch-tumsgebäck zum Selbermachen anregen mögen, sie werden in unserem Herzen nicht die tiefen Wurzeln schlagen wie ihr Buch über die Matronen. Dieses Buch hat für mich außer Zweifel unseren Wissensdurst angeregt, die Kreativität von Künstlerinnen beflügelt. Einige Ergebnisse der Künst-lerinnen und Fotografinnen wie von Birgit O. Erlenbruch, Birgit Sommer (deren Werk unten im Foyer steht), Gerda Laufenberg, Anna Stelloh,
Anna Albersmeier und Anne Waßer sehen Sie in diesem Raum.
Sophie Lange hatte und hat eine Saite bei vielen Frauen zum Klingen gebracht, ohne es in dieser Tragweite anfänglich zu ahnen. Doch bereits drei Jahre nach der ersten Auflage, der zwei weitere folgten, schrieb sie zum Abschluss des Beitrags für SIE und ER mit dem Thema „Das hohe Ansehen des Matronenkults zur Römerzeit“:
„Heute wecken die Matronen und ihre christlichen Nachfolgerinnen nicht nur historisches Interesse, sondern geben besonders Frauen Anlass, matriarchale Spuren in der Heimat aufzudecken und so zu ihren eigenen Wurzeln zu finden“.

Doch auch Männer begeisterten sich dank Sophie Lange für die Matronen. So verliebte sich der Architekt Lorenz Köppinger in das Matronenheiligtum auf dem Addig bei Pesch und erreichte, dass von dem sensationellen Fund eines Matronensteins der vaccalinehischen Matronen 1991 in der kath. Kirche in Weyer mehrere gesponserte Abgüsse gefertigt wurden, die heute überwiegend an Orten stehen, wo früher Matronensteine gefunden worden waren. Es ist kaum zu glauben, aber fast alle der annähernd 800 Matro-nensteine sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Sie harren im Magazin des Rheinischen Landesmuseums des Tags, an dem sie als Weltkulturerbe erkannt und erstrahlen dürfen.
Es gibt einige weitere Lichtblicke: Das Dorf Weyer, in der Nähe der Kakushöhle gelegen, bekennt sich gern als Matronenort, und die Gemeinde Nettersheim, dort, wo Sophie Lange unweit des Matronenheiligtums „Görresburg“ wohnt, hat wohl ihre Anregungen für eine korrekte Beschriftung der Hinweisschilder aufgegriffen, auf denen nun nicht mehr „Römerdenkmal“ oder „Heidentempel“ steht, sondern „Matronenheiligtum“. Für die Historie sind natürlich alle Bezeichnungen spannend. Die Gemeinde Nettersheim hat Sophie Lange noch mehr zu verdanken, hatte sie doch 1992 maßgeblich an der Chronik „Unser Dorf Nettersheim“, ‚1100 Jahre und mehr’ mitgewirkt.

Jahrelang gestaltete Sophie Lange Führungen und Bildvorträge zu den Matronen. Auf einer der Führungen im Jahr 1991 lernte ich sie und Ziriah Voigt sowie die Matronen kennen und seitdem bin ich der Ausstrahlungskraft dieser steinernen Zeugnisse von Göttinnen zugetan.
Es würde mich nicht wundern, wenn es vielen von denen, die sich heute hier versammelt haben, um Sophie Lange zu feiern, ähnlich wie mir ergangen ist.
Auch wenn Du, geschätzte Sophie, heute nur noch selten führst, lebst Du in der Gewissheit, dass Deine anfängliche Begeisterung zahlreiche Frauen und Männer entflammt hat, die mit Sorge tragen werden, dass die Matronen, unser wunderbares Erbe in der Eifel, weiterhin Geist und Herz von weiteren Menschen entzücken werden und so lebendig bleiben.

Acht Jahre nach Deiner Auszeichnung mit dem Rheinlandtaler bist Du nun wegen Deiner Würdigkeit Frau des Jahres 2007 im Kr. Euskirchen geworden, wozu ich Dir von Herzen gratuliere.
Schließen möchte ich meine Laudatio für Dich mit einem keltischen Segensspruch, den ich in Deinem Backbuch gefunden habe und aus gegebenem Anlass um drei Worte erweitert habe.

Siebenfacher Segen komme über dein Haus
und über alles, was dir lieb ist:
Segen der Erde mit dir!
Segen des Meeres mit dir!
Segen des Windes mit dir!
Segen der Bäume mit dir!
Segen des Wassers mit dir!
Segen der Felsen mit dir!
Segen der Sterne und der Matronen mit dir!


Herzlichen Glückwunsch, Sophie.